Deutsch-Wagramer Kunst-Keramik 1932 - 1940

DIE KUNST- UND GEBRAUCHS-KERAMIK DES JOHANN HITTINGER

  • Krüge von 1934 bis 1938
    Werkverzeichnis Abb. 21
  • Krüge von 1934 bis 1938
    Werkverzeichnis Abb. 23
  • Krüge von 1934 bis 1938
    Glasurvariante
  • Krüge von 1934 bis 1938
    Glasurvariante
  • Vase, grüne Glasur mit Kupferhammerschlag-Punkten um 1934
      Werkverzeichnis Abb. 20
    1. Rosalia Hittinger
      geb. Hasitschka (1906-1998)
    2.  
    3. Schale um 1934
      florale Auflagen: Weintrauben mit Blattranken;
      Werkverzeichnis Abb. 25
    4. Schüssel mit drei Füßen und durchbrochener, reliefierter Wandung um 1935
      florale Auflagen: Weintrauben; Werkverzeichnis Abb. 29
    5. Schüssel mit drei Füßen und durchbrochener Wandung um 1935
      florale Auflagen: Weintrauben mit Blattranken; Werkverzeichnis Abb. 38
    6. Schüssel um 1935
      mit fünf verschiedenen floralen Auflagen: Kirschen, Primeln, Weintrauben, Erdbeeren, Zwetschken und Blätter; Werkverzeichnis Abb. 47
    7. Schale mit Henkel um 1935
      florale Auflagen: Primeln mit Blattranken; Werkverzeichnis Abb. 45
    8. Justine Reinbacher
      Mitarbeiterin im Keramikbetrieb (1904-1984)
    9.  
    10. Schüssel mit durchbrochener Wandung um 1935
      färbig glasiert, florale Auflagen: Primeln und Blattranken;
      Werkverzeichnis Abb. 49
    11. Vase um 1935
      färbig glasiert, florale Auflagen: Primeln und Blätter; Werkverzeichnis Abb. 48
    12. Vase um 1937
      färbig glasiert, Werkverzeichnis Abb. 52
    13. Schüssel um 1939
      färbig glasiert, florale Auflagen: Enzian, Edelweiß und Blatt; Werkverzeichnis Abb. 65
    14. Schüssel um 1939
      färbig glasiert, florale Auflagen: Enzian, Primeln und Blätter; Werkverzeichnis Abb. 67
    15. Krug um 1939
      färbig glasiert, florale Auflagen: Enzian, Edelweiß, Primel und Blatt; Werkverzeichnis Abb. 64
     

    Umstellung auf Gebrauchs-Keramik

    Obwohl die Deutsch-Wagramer Kunst-Keramik nicht erst seit der Ausstellung in London anerkannt war, mußte er feststellen, daß der Absatz immer schwieriger wurde. Viele seiner Mitbewerber auf der Wiener Messe hatten dies bereits erkannt und produzierten schon seit längerem neben Kunst- auch Gebrauchs-Keramiken, garniert mit Früchten und den bei den Kunden beliebten modernen Alpenblumen.

    Ab 1934 produzierte auch Hittinger Gebrauchs-Keramik. In seinen ersten Entwürfen findet man noch Kompromißlösungen, Gebrauchs-Keramik ohne Garnierungen. Doch schon bald fanden sich auch Garnierungen auf seinen Keramiken. Auf der Wiener Herbstmesse 1934 stellte Hittinger zum ersten Mal neben Kunst- auch Gebrauchs-Keramik aus. Noch überwog die Kunst-Keramik. Durch seine Messepräsenz konnte er Kontakte zu Wiener Geschäftsleuten knüpfen, die vor allem seine Gebrauchs-Keramiken bestellten.

    Um endlich den drückenden Schulden zu entkommen, mußte Hittinger die Produktion erhöhen. Dies konnte nur mit einer Hilfskraft erreicht werden. Da es ihm vom Gewerbeinspektorat verboten wurde, „fremde Hilfskräfte” in seinem Betrieb zu „verwenden”, lernte er seine Frau an. Obwohl sie keine keramische Ausbildung hatte, erlernte sie sehr schnell das Garnieren und Glasieren.

    1935 stand der Verkauf des Kaufhauses seiner Mutter, sowie des Anbaues bevor. Hittinger und seine Frau mußten sich eine neue Wohnmöglichkeit suchen. In einem von Hittingers Cousin vermieteten Haus in Deutsch-Wagram, Grundemannstraße 14, in dem bereits eine fünfköpfige Familie wohnte, bezogen sie am 15. Mai 1935 ein Zimmer. Beide waren über diese Wohnmöglichkeit unglücklich, aber ihre finanzielle Lage erlaubte ihnen nur eine bescheidene Unterkunft.

    Auf der Wiener Frühjahrs- und Herbstmesse 1935 stellte Hittinger bereits Gebrauchs-Keramik mit den bei den Kunden so beliebten Laufglasuren aus. Neben Weintrauben garnierte er vereinzelt seine Keramiken auch mit verschiedenen Früchten und den „modischen” Alpenblumen. Die Gebrauchs-Keramik ließ sich besser verkaufen. Auf der Herbstmesse stellte er seine Kunst-Keramik zum letzten Mal aus.

    Durch den Verkauf auf den Wiener Messen 1937 und 1938 sowie den guten Aufträgen war Hittingers Deutsch-Wagramer Kunst-Keramik Betrieb nicht nur schuldenfrei, sondern warf auch endlich Gewinne ab.

    Eine zusätzliche Aushilfskraft fand er in einer guten Bekannten, der Deutsch-Wagramerin Justine Reinbacher. Hittinger lernte auch sie an. Neben dem Garnieren und Glasieren arbeitete sie, während Hittinger modellierte oder den Brennofen betreute, auch mit viel Geschick an der Töpferscheibe. Je nachdem, wie gut die Auftragslage war, wurde auch zu dritt gearbeitet. Den Gewinn, den der Betrieb abwarf, investierte er im Sommer 1938 in einen elektrisch beheizten Brennofen. Durch den zusätzlichen Ofen wurde die Produktion fast verdreifacht, worunter die Qualität seiner Keramiken sehr litt. Florale Auflagen wurden vereinfacht und die Formenvielfalt stark reduziert. Hauptsächlich wurden Schüsseln und nur mehr vereinzelt Vasen und kleine Krüge erzeugt. Seine Keramiken wurden immer kommerzieller, aber Hittinger traf damit den Geschmack der Kunden.

    Der finanzielle Erfolg stellte sich ein. Er konnte endlich der räumlichen Enge seines gemieteten Zimmers entkommen. Das Ehepaar mietete vom Cousin seiner Frau ein Haus in Deutsch-Wagram, Gänserndorferstraße 3. Am 20. Jänner 1939 zogen sie in „ihr” Haus ein. Sie konnten auch Theater- und Opernaufführungen in Wien besuchen. Wenn sie aber den letzten Zug versäumten, mußten sie zu Fuß von Wien nach Deutsch-Wagram gehen. Den Luxus eines Autos konnten sie sich nie leisten.

    Der Deutsch-Wagramer Kunst-Keramik Betrieb florierte. 1939 war das finanziell erfolgreichste Jahr seit der Gründung des Betriebes. Im März 1940 erhielt Hittinger, obwohl er weder beim Bundesheer noch politisch aktiv war, mit knapp 34 Jahren seinen Einberufungsbefehl zum Wehrdienst. Zur ungefähr selben Zeit wurden die „Mitarbeiter” seines Betriebes, Justine Reinbacher und seine Frau, zur Deutschen Reichsbahn am Nordbahnhof dienstverpflichtet. Hittinger blieb gerade noch soviel Zeit, seine begonnenen Keramiken fertigzustellen und die Verbindungen mit seinen Geschäftspartnern aufzulösen.